Auch wenn es schon einige Berichte zur Ricoh GR gibt möchte ich hier von meinen ganz persönlichen Eindrücken und Erfahrungen mit diesen kleinen schwarzen Powerzwerg berichten. Eigentlich lässt sich die Ricoh GR (amazon-Link) auf mit einen Slogan eines deutschen Reifenherstellers beschreiben – Schwarz, klein, stark!
Es war irgendwann Ende September im letzten Jahr als ich auf der Suche nach einer zweiten kleinen unauffälligen Kamera für unterwegs war. Ich bin schon immer ein Gegner von Zweitkamerasystemen mit Wechseloptiken und die im Grunde gar nicht so viel kleiner sind als eine VF Kamera wie die Nikon D750 oder die Canon 5D MIII. Zweitkamera-Systeme führen außerdem nicht zu besseren Fotos, sondern nur zu einem unnötig belasteten Konto, einem vorwurfsvoll oder verständnislos blickenden Partner und der dauernden Frage: Welche Kamera nehme ich heute mit?
Ich bin der festen Meinung, dass für einen Fotografen der kreative Output und damit die Zufriedenheit nicht mit der Menge an verfügbaren Wechseloptiken und Kamerasystemen wächst, sondern mit dem möglichst intensiven Einsatz einer sehr guten Optik an einem Kamera-System. Sammler von Foto-Equipment sind selten gute Fotografen. Wenn Ihr Euch jetzt fragt, aber was ist mit den restlichen 20-30% der Anwendungsfälle, bei denen man keine große Systemkamera mitnehmen will oder kann – z.B. der Street-Fotografie mit ihren vielen Menschen, die sich dem Ablichten mit einer fetten Systemkamera widersetzten? Der Foto-Stil vieler Street-Fotografen, verträgt sich besser mit kompakten Kameras. Eine hochwertige aber unauffällige Festbrennweite im Bereich 28 / 35 / 40 oder 50mm erscheint für diesen Zweck optimal. Genau an dieser Stelle kommt die Ricoh GR ins Spiel, mit fest verbauter 28mm Weitwinkel Festbrennweite (also 18,3 mal Cropfaktor). Der Vollständigkeit halber und einem Testbericht gerecht zu werden, hier fix ein paar Eckdaten, wer die genauen technischen Daten wissen möchte guckt einfach mal bei Ricoh vorbei.
- Sensor mit Cropfaktor 1,5 (also wie eine Fuji X oder Nikon DX)
- 16 Megapixel APS-CMOS Sensor
- ISO von 100 bis 25.600
- Verschlusszeit von 1/4.000 bis zu 300 Sekunden
- 28 mm Weitwinkel Festbrennweite
- Offenblende 2.8
- Eingebauter Blitz (Leitzahl 5,4)
- Speichert die RAWs im DNG Format
- kleines und unauffälliges Gehäuse, womit man immer belächelt und unterschätzt wird
- kein Sucher (leider ein kleiner Abzug in der B-Note im nachhinein für mich)
Festbrennweite 28 mm?
Ok zugegeben, man muss es mögen, solch eine Reduzierung der sonst gewohnten Möglichkeiten. Das klassische Zoom ist dann mit einem Turnschuh-Zoom-Vorgang des Laufens verbunden. Das muss man sich schon vorher bewusst machen, bzw. das wird einem sehr schnell bei den ersten Bildern mit dieser Kamera bewusst. Mir gefällt das, da ich auch sonst mit der Canon unterwegs war mit nur einem 28 mm Objektiv. Was ich an dieser Brennweite liebe, ist das bewusste erarbeiten eines Bildes, denn ich behaupte von mir selbst ich fotografiere anspruchsvoller und viel bewusster mit einer Festbrennweite als mit einem bequemeren Zoom. 28mm muss man halt mögen – oder auch nicht. Ich mag die Festbrennweite für eine „Immer-dabei-Kamera“ sehr!
Handling
Die kleine Ricoh GR liegt sehr gut in der Hand, fasst sich sehr wertig an und ist leichter als sie aussieht. Aber trotz ihres geringen Gewichtes hält man die Kamera sehr gut und stabil in den Händen. Das Gehäuse fühlt sich leicht aufgeraut an, so dass die Kamera keinesfalls zu rutschen scheint in der Hand. Der kleine Handgriff ist nicht sehr groß ausgelegt, tut aber was er soll und vermittelt einem ein gutes Gefühl, die Kamera sicher zu halten. Das Programmwahlrad der Kamera ist arretiert und kann nicht versehentlich verstellt werden. Was sehr praktisch ist, da man hier nichts unabsichtlich verstellen kann. Die Menüstruktur ist sehr flach gehalten, aber manchmal etwas unübersichtlich, man gewöhnt sich aber schnell dran. Der Sensor leistet tolle Arbeit und die 16 Megapixel RAWs im DNG Format sind sehr gut. Die Kamera hat eine tolle Grundschärfe und eine zauberhafte Farbwiedergabe. Die Bildqualität ist auf einem sehr guten und sehr brauchbaren Niveau.
TIPP: Um Schwächen in der Farbwiedergabe (besonders bei Rottönen) zu vermeiden, sollte man darauf achten, in Lightroom das neuere Farbprofil für die Ricoh GR aus Adobes Camera RAW (ACR)-Version 8.1 zu verwenden und nicht das in den DNG-Dateien ‚eingebettete‘ Profil. Ray Sachs beschreibt in Dpreview, wie das geht.
Insgesamt ist die GR unheimlich schnell. Eine Sekunde vergeht, bis man nach dem Einschalten schussbereit ist, etliche Funktionen sind nur einen Knopfdruck entfernt, wobei man zwei Positionen selbst frei belegen kann. Bei gutem Licht, so sagt Ricoh, braucht der Autofokus 0,2 Sekunden zum Scharfstellen, was bei etwas schlechteren Verhältnissen auch mal länger dauert.
Fazit
Sie ist klein, sie ist schnell, sie ist gut verarbeitet, sie ist sehr kompakt und liefert gute Ergebnisse. Gewisse Beschränkungen, wie die nach heutigen Maßstäben vielleicht sehr reduzierte Ausstattung und die feste weitwinklige Brennweite muss man in Kauf nehmen, doch – gerade die Reduzierung auf das Wesentlichste, fördert die Überlegungen zum gesuchten Motiv, um ein gutes Foto zu machen. Die Pentax Ricoh GR ist außerdem fast unhörbar (das Auslösegeräusch ist so leise wie das Ticken einer Uhr), sieht aus wie eine Touristenknipse und passt in ein kleines Täschchen.
Für mich ist sie aber noch nicht das Ende meiner Foto-Equipment-Reise. Ich bin nämlich auf der Suche nach der Kamera die perfekt zu mir passt. Meinen Canon 70D war bist jetzt auf meinen Projekten eine treue Begleiterin. Ich hätte aber gerne etwas kompakteres, mit ein wenig Retrocharme. Wichtig sind mir bei einem Kamerahersteller auch die Produktstrategie und die Lebenszyklen. Daher habe ich für mich gant klar Sony ausgeschlossen. Ich kann mich mit der Produktstrategie, jedes Jahr eine neue Kamera mit wieder ein paar Megapixel einfach nicht anfreunden. Dazu kommt, dass der Body ja ziemlich kompakt sein mag, man aber dann Objektive hat, die die Kompaktheit obsolet machen. Sony wird es also schon mal nicht, aber ich habe mir sagen lassen ein japanisches Unternehmen soll was alle meine Wünsche abdecken. Ich bin gespannt 🙂 Mehr dazu aber zu einem späteren Zeitpunkt.
Beispielbilder: